Wissenswertes

Mitsorgerecht ohne Zustimmung der Kindesmutter

Bei Unverheirateten kommt eine gemeinsame elterliche Sorge nur zustande, wenn die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben, die zu beurkunden ist (durch Jugendamt, Notar oder Gericht). Ohne eine solche Erklärung liegt die elterliche Sorge alleine bei der Kindesmutter. Doch welche Möglichkeiten hat der Kindesvater, die Mitsorge zu erreichen, wenn die Kindesmutter nicht bereit ist, eine Sorgeerklärung abzugeben? Bis 2013 gab es keine.

Gesetzesänderung

Im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber nach kritischen Entscheidungen des BVerfG und des EuGH reagiert und auch für nicht mit der Mutter verheiratete Väter im § 1626 a BGB eine Möglichkeit eingeführt, das gemeinsame Sorgerecht ohne Zustimmung der Kindesmutter durchzusetzen. In einem vereinfachten Verfahren (ohne Anwaltszwang und normalerweise ohne Verhandlungstermin) kann das Familiengericht auf Antrag des Kindesvaters und nach Einholung einer Stellungnahme der Kindesmutter die gemeinsame elterliche Sorge anordnen, wenn keine entgegenstehenden Gründe ersichtlich sind, durch die das Kindeswohl beeinträchtigt würde. Gründe, die im Verhältnis der Eltern liegen, sind unbeachtlich.

Erfahrungen

Die praktischen Erfahrungen mit dem neuen Verfahren sind noch begrenzt, nach dem persönlichen Eindruck des Verfassers neigen die Gerichte (gegen die Absicht des Gesetzgebers) dazu, doch einen Verhandlungstermin durchzuführen und die Parteien persönlich anzuhören und auf sie einzuwirken. Erste Entscheidungen der Obergerichte haben die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge jedenfalls dann abgelehnt, wenn durch eine fehlende Kommunikationsbasis und/oder Wertschätzung der Eltern zu befürchten steht, dass eine Zusammenarbeit nicht funktioniert. Diese Entscheidungen sind nicht unwidersprochen geblieben, da sie letztlich eben doch das Verhältnis der Eltern zur Grundlage haben. Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 03.08.15 (13 UF 50/15)) hat darauf hingewiesen, dass solche Schwierigkeiten unabhängig von Allein- oder Mitsorge in Streitfällen ohnehin bestehen und die Alleinsorge nicht dazu dient, diesen aus dem Weg zu gehen. Vielmehr soll die gemeinsame elterliche Sorge als Leitbild eben deutlich machen, dass beide Eltern dem Kind gegenüber verpflichtet sind und sich zum Wohle des Kindes gefallen lassen müssen, dass ihre Entscheidungen vom jeweils anderen in Frage gestellt und ihre eingenommenen Positionen überprüft werden.

Zu beachten

Drei wichtige Punkte sind in diesem Zusammenhang noch zu beachten:

  • Um ein Verfahren nach § 1626 a BGB überhaupt einleiten zu können, muss die Vaterschaft rechtlich feststehen. Erkennt der Kindesvater die Vaterschaft an, stimmt die Kindesmutter dem Anerkenntnis aber nicht zu, muss zuerst in einem Vaterschaftsfeststellungverfahren die Abstammung gerichtlich geklärt werden. Da in einem solchen Verfahren regelmäßig ein Abstammungsgutachten eingeholt wird, ist mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen.
  • Die vorgeschriebene Stellungnahme der Kindesmutter darf das Gericht frühestens sechs Wochen nach der Geburt einholen. In dieser Zeit kann die Mutter als (noch) Alleinsorgeberechtigte wichtige Entscheidungen (z.B. Namensgebung, Wohnort, Taufe) ohne den Kindesvater treffen.
  • Die gemeinsame elterliche Sorge bedeutet nicht automatisch, dass der Kindesvater in alle Entscheidungen eingebunden werden muss. Lediglich für solche Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung für die weitere Entwicklung des Kindes müssen die Eltern gemeinsam entscheiden. In alltäglichen Angelegenheiten entscheidet der Elternteil alleine, bei dem das Kind seinen Hauptaufenthalt hat. Zu den wesentlichen Angelegenheiten gehören typischerweise nur Schul- und Ausbildungsfragen, der Wohnort, schwerwiegende medizinische Maßnahmen und Eingriffe (Notfälle ausgenommen), die Vermögenssorge oder die Vertretung des minderjährigen Kindes gegenüber Dritten (z.B. bei behördlichen Anträgen oder in Gerichtsverfahren). Der mitsorgeberechtigte Kindesvater hat allerdings ein Auskunfts- und Informationsrecht gegenüber der Kindesmutter, aber auch bei Schulen, Behörden und Ärzten.

Dieser Beitrag ist auf dem Rechtsstand von 2019.