Der neue Versorgungsausgleich ab 01.09.2009
Ab dem 01.09.2009 greift die Reform des Versorgungsausgleichs, die wesentliche Änderungen des bisherigen Systems mit sich bringt. Um Grundlagen und Bedeutung des Versorgungsausgleichs kennenzulernen, empfehle ich weiterhin die Lektüre meines Artikels “Der Versorgungsausgleich – was ist das?” in der Rubrik “Wissenswertes”. Die folgenden Ausführungen setzen die Kenntnis der Grundzüge des Versorgungsausgleichs nach altem Recht voraus.
Für alle Versorgungsausgleichsverfahren, die ab dem 01.09.2009 eingeleitet werden, gilt das neue Recht.
Für
Verfahren, die bis zum 31.08.2009 bei Gericht anhängig wurden, gilt
weiterhin das alte Recht – allerdings nur, wenn sie innerhalb eines
Jahres abgeschlossen werden. Sind sie am 01.09.2010 noch anhängig, muss
das Gericht das neue Recht anwenden.
Die zentrale Änderung im
neuen Versorgungsausgleich sieht vor, dass künftig alle Anrechte auf
eine Altersrente unabhängig von einander ausgeglichen werden, und zwar
in dem Versorgungssystem, aus dem das Anrecht stammt. War es nach dem
alten Recht so, dass alle Anrechte zusammengezogen, auf die gesetzliche
Rentenversicherung umgerechnet und vorrangig dort ausgeglichen wurden,
wird nun eine Teilung bei dem jeweiligen Versorgungsträger vorgenommen,
auch wenn der andere Ehegatte bislang dort keine Anwartschaften erworben
hatte oder erwerben konnte.
Also werden weiterhin die Ansprüche in
der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen den Ehegatten dort
ausgeglichen, aber nicht etwa Ansprüche aus anderen Versorgungssystemen
wie den Beamtenpensionen, betrieblichen Altersversorgungen oder
Rentenversicherungen. Deren Ausgleich erfolgt in ihrem eigenen System,
was z.B. einer privaten Versicherung einen neuen Versicherungsnehmer
oder der betrieblichen Altersversorgung ein betriebsfremdes Mitglied
beschert.
So wird nach dem neuen Recht bspw. die Ehefrau ein Konto
bei der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes erhalten, auf das
die Hälfte seiner in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften dieser
Versorgung überwiesen werden. Genauso werden bspw.
Rentenversicherungsverträge geteilt, indem aus einem
Versicherungsvertrag zwei (halbe) gemacht werden.
Einbezogen werden
künftig auch Anrechte, die aus betrieblichen Altersversorgungen stammen,
die nicht auf eine Rentenzahlung festgelegt sind, sondern ein Wahlrecht
des Versorgungsträgers vorsehen, ob auch ein Kapitalbetrag oder eine
Mischung aus Rente und Kapital gezahlt wird. Nach altem Recht fielen
diese Anrechte in den Zugewinnausgleich, obwohl sie ihrer Natur nach
vorrangig der Altersversorgung dienten.
Nicht mehr in den
Versorgungsausgleich fallen künftig Anwartschaften auf
Invaliditätsversorgung, es sei denn, der Invaliditätsfall ist bereits in
der Ehezeit eingetreten.
Eine gewisse Flexibilität sichert sich das
neue System dadurch, dass es die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen
dem Versorgungsträger und der ausgleichsberechtigten Person vorsieht,
die es gestattet, den Ausgleichsbetrag in eine andere Altersversorgung
zu übertragen.
Der Vorteil der neuen Systematik liegt in ihrer Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit einerseits, werden doch nun den Beteiligten aufwendige und kaum nachvollziehbare Umrechnungen der verschiedensten Anwartschaften auf den Maßstab der gesetzlichen Rentenversicherung erspart. Andererseits wird vermieden, dass nicht ausgleichbare Anwartschaften in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (vgl. “Der Versorgungsausgleich – was ist das?“) verwiesen werden und damit möglicherweise vergessen werden oder verloren gehen.
Eine weitere Änderung mit großer praktischer Bedeutung ist der Wegfall des sogenannten Rentnerprivileges. Dies sah nach altem Recht vor, dass jemand, der bereits eine Versorgung bezog, die Teilung durch den Versorgungsausgleich erst zu spüren bekam, wenn auch der andere Ehegatte, der einen Teil der Anwartschaften erhalten hatte, in Rente ging. Bis dahin bezog der Rentner seine Rente ungekürzt, obwohl der Versorgungsausgleich ihm/ihr einen Teil der Anwartschaften entzogen hatte. Bei Ehen mit größerem Altersunterschied konnte dies erhebliche Auswirkungen haben.
Ebenfalls eine wichtige Rolle in der Praxis
wird die Regelung spielen, dass ein Versorgungsausgleich bei Ehen unter
drei Jahren Ehedauer nur noch stattfindet, wenn ein Ehegatte dies
ausdrücklich beantragt. Bisher musste das Gericht selbst bei kurzen Ehen
den Versorgungsausgleich immer automatisch durchführen, selbst wenn der
zu erwartende Ausgleich winzig war. Das bedeutete Arbeit für die
Gerichte und Wartezeiten für die zu scheidenden Eheleute, denn die
Bearbeitungsdauer des Versorgungsausgleichs beträgt immer mehrere
Monate, unabhängig von der Ausgleichshöhe. Das neue Recht sieht außerdem
vor, dass das Gericht bei Bagatellunterschieden einen Ausgleich nicht
mehr vornehmen soll (wozu es allerdings die Ausgleichshöhe erst
ermitteln muss).
Auch sind die in der Praxis häufig anzutreffenden
Regelungen, die Eheleute über den Versorgungsausgleichin einem
notariellen Ehevertrag getroffen haben, für das Gericht sofort bindend
und nicht erst ein Jahr nach notarieller Beurkundung einer solchen
Regelung. Eine Inhaltskontrolle – also eine Prüfung, ob die getroffene
Vereinbarung fair und angemessen ist – muss das Gericht jedoch weiterhin
vornehmen.