Verkehrte Welt: Bräute brauchen Eheverträge
Früher waren es in der Mehrzahl Männer, die den Abschluss eines Ehevertrages zur Vorbedingung für eine Hochzeit machten. Die Frauen, aus welchen Gründen auch immer, ließen sich allzu häufig auf völlig einseitige Verträge zugunsten ihrer künftigen Gatten ein. Mit nur einer Unterschrift wurde auf Ehegattenunterhalt, Zugewinnausgleich und Ausgleich der Altersvorsorge(Versorgungsausgleich) im Scheidungsfalle verzichtet. Einzige „Gegenleistung“ blieb meist die Eheschließung.
War der Vertrag geschlossen und notariell beurkundet, winkten die Juristen bei Scheitern der Ehe nur noch ab und sprachen der Ehefrau ihr Beileid aus. „Nichts zu machen“ lautete die Standardantwort in solchen Fällen und vielleicht konnte der Anwalt wenigstens noch den Weg zum nächstgelegenen Sozialamt beschreiben. Kein Wunder, dass die meisten Menschen heute mit Eheverträgen die anrüchige Übervorteilung einer Seite verbinden und solche Machwerke für ihr Liebesglück ablehnen.
„So etwas kann ich doch meiner Frau/meinem Mann nicht vorschlagen“ bekommt der Autor selbst oft genug zu hören und konnte nur selten die Brautleute vom Mehrwert eines ausgewogenen und frei verhandelten Ehevertrages überzeugen. Dabei betonten die Paare ausnahmslos und glaubhaft, dass ihnen an fairen und absichernden Regelungen gelegen sei. Schließlich wolle man im Falle eines Falles keinen Rosenkrieg.
Doch der Ruf des Ehevertrages war ruiniert: „Nur für Millionäre oder die Fernost-Braut aus dem Katalog“ lautete das (nicht ganz unberechtigte) Vorurteil über die gängigen Anwendungsfälle.
Die heile Welt der Knebelverträge zeigt in Deutschland jedoch schon seit einiger Zeit deutliche Risse. So begannen die Gerichte ab 2003 vermehrt einseitige und übervorteilende Eheverträge als sittenwidrig und damit nichtig einzustufen. Im Jahre 2004 entschied dann Deutschlands oberstes Zivilgericht, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass Verträge, die das Wesen einer Ehe als Solidargemeinschaft entschädigungslos ausgehöhlt hatten, ungültig sind – auch wenn die Frauen nicht mit vorgehaltener Pistole oder im Vollrausch zum Vertragsschluss gebracht worden waren.
Seither haben die Familienrechtler intensive Diskussionen geführt, was man denn nun den Brautleuten raten kann und ob überhaupt ein Vertrag noch sinnvoll ist. Da kommt aus unerwarteter Richtung unter umgekehrten Vorzeichen ein ganz neues Anwendungsgebiet für den guten alten Ehevertrag daher:
Seit dem 01.01.2008 gilt in der Bundesrepublik ein grundlegend geändertes Unterhaltsrecht. Zwar haben Tageszeitungen und Magazine umfassend und an prominenter Stelle berichtet (z. B. FOCUS-Titel vom 28.01.2008 „Null Euro für die Ex-Frau“), doch ist die wirkliche Reichweite der Reform gemessen an den verhaltenen Reaktionen noch nicht durchgedrungen. Unterhaltsrechtlich ist ein neues Zeitalter angebrochen, nachehelicher Unterhalt wird künftig sehr viel seltener, schwieriger und vor allem kürzer zu erhalten sein, als das unter dem bislang geltenden Recht der Fall war. Nacheheliche Eigenverantwortung ist das neue Zauberwort. Viele unter der Unterhaltslast stöhnende Männer werden jetzt aufatmen. Manch einer sogar zu Recht, wenn er einer der Extremfälle war, der seiner Gattin für eine vergleichsweise kurze Ehe lebenslang Unterhalt zahlen musste. Doch mehren sich die Stimmen, die meinen, man habe das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Nun sei der Gesetzgeber in das andere Extrem verfallen und benachteilige Mütter (und indirekt damit auch die Kinder), die für die Familie Beruf und Karriere zurückstellen und nun unterhaltsrechtlich zu einem plötzlichen Wiedereinstieg in den Beruf gezwungen sind. Gelingt dieser wegen der Arbeitsmarktlage, der Betreuungssituation der Kinder, der „verlorenen“ Berufsjahre und Qualifikationen nicht oder nur zu wesentlich schlechteren Bedingungen (in niedrigqualifizierten und –entlohnten Jobs), so droht der Geschiedenen nach kurzer Übergangsfrist der wirtschaftliche Abstieg. Grund genug für junge Frauen, sich noch häufiger als sonst gegen die „Karrierebremsen“ Kinder und Hausfrauenehe zu entscheiden.
Das wiederum werden viele Männer auch nicht wollen. Viel eher wird die ganz überwiegende Zahl der Ehemänner eine ausreichende Versorgung und Absicherung der Mütter ihrer Kinder für völlig selbstverständlich und gerechtfertigt halten – zumindest solange Streit und Entfremdung noch nicht unfähig gemacht haben, die Belange Anderer wahrzunehmen und zu berücksichtigen.
Wenn man vor den Folgen der Unterhaltsreform nicht die Augen verschließt und das berechtigte Interesse der Frauen an mehr als nur einem Mindestmaß an sozialer Absicherung für die Mutterrolle ernst nimmt, bleibt die Feststellung, dass die gesetzlich neu vorgesehenen Unterhaltsregelungen überaus dürftig sind. Was tun?
Hier kommt nun der Ehevertrag ins Spiel, mit neuer Zielrichtung und aufgefrischter Berechtigung. Es steht allen Ehepaaren und Heiratswilligen frei, im Rahmen eines Ehevertrages einvernehmliche und ausgewogene Vereinbarungen über die Ausgestaltung von Unterhaltspflichten zu treffen. Es kann hier sowohl dem Interesse der (überwiegend zahlenden) Männer an einer Überschaubarkeit der Verpflichtung in Höhe und Dauer, als auch der (überwiegend unterhaltsberechtigten) Frauen an einer Absicherung für den Fall jahrelanger Kinder- und Haushaltsbetreuung Rechnung getragen werden. Eheverträge können jederzeit in einer bestehenden Ehe oder vor der Hochzeit geschlossen werden; notariell beurkundet müssen sie sein, wenn sie Regelungen zum Versorgungsausgleich, zum Güterstand und neuerdings auch zum nachehelichen Unterhalt enthalten.
So könnte beispielsweise festgelegt werden, ob und wann die Ehefrau nach der Kinderbetreuung wieder arbeiten gehen will, soll und kann. Ist ein Krippenplatz verfügbar oder soll auf das Kindergartenalter oder gar die Einschulung gewartet werden? Ist dann sofort eine Vollzeitstelle möglich oder gewünscht? Ist Teilzeit nicht besser für das Kind? Und wann soll/kann dann aufgestockt werden? Was ist überhaupt mit den Berufsaussichten, wenn die Frau x Jahre aussetzt? Wie wird das Risiko zwischen den Eheleuten verteilt, dass es keine vernünftige Arbeitsstelle gibt oder nur eine zu wesentlich schlechteren Bedingungen? Wann soll in jedem Fall Schluss sein mit Unterhaltsansprüchen? Wie hoch soll der Unterhalt sein? Orientiert man sich an den gesetzlichen Vorgaben und teilt das Familieneinkommen einfach zur Hälfte? Oder sind andere Lösungen denkbar und sinnvoll?
So unterschiedlich wie jedes Paar ist, so unterschiedlich werden die Antworten auf diese Fragen ausfallen. In einem Ehevertrag haben die Eheleute jedoch die Möglichkeit, die Entscheidungen gemeinsam zu treffen und auszuhandeln, zu einem Zeitpunkt, wo sie auf Augenhöhe und vernünftig miteinander reden können. Sie geben die Entscheidung nicht aus der Hand und an ein Gericht, dem die Paare als Personen und Einzelschicksale herzlich egal sind und aus Neutralitätsgründen auch sein müssen.
Der Autor rät künftigen Müttern und (Teilzeit-)Hausfrauen, diese wichtigen und unverzichtbaren Rollen nur mit Ehevertrag zu übernehmen. Zwar schützt der Ehevertrag nicht vor dem bedauerlichen Scheitern einer Ehe, kann durch die zuvor gemeinsam getroffenen Vereinbarungen jedoch zu einer höheren beiderseitigen Akzeptanz der daraus resultierenden Folgen führen – weniger Streitpotenzial und mehr Planungssicherheit für alle Beteiligten.
Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich jahrelange Erfahrung mit der Erstellung von verschiedensten Eheverträgen gesammelt und berate Sie gerne.